Unser Leben in Daten
Wir hinterlassen täglich digitale Spuren – in E-Mails, Social-Media-Konten und Cloud-Speichern. Doch was passiert mit diesen Daten, wenn wir nicht mehr sind? Wer hat Zugriff? Wer löscht sie oder bewahrt sie auf? Und wollen wir überhaupt, dass etwas bleibt?
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Death Tech und Grief Tech – Ordnung oder Erinnerung?
Die digitale Welt vergisst nicht – es sei denn, jemand kümmert sich darum. In den letzten Jahren haben sich zwei unterschiedliche Technologiebereiche entwickelt, um mit dem digitalen Nachlass umzugehen:
Death Tech: Ordnung im digitalen Nachlass
Death Tech konzentriert sich darauf, den digitalen Nachlass zu verwalten und geordnet zu hinterlassen. Es geht um praktische Lösungen, die Angehörigen helfen, sich im digitalen Chaos zurechtzufinden:
- Passwort-Manager & digitale Tresore: Speichern und verwalten wichtige Zugangsdaten, die an Vertrauenspersonen weitergegeben werden können.
- Automatische Kontolöschungen: Einige Anbieter ermöglichen es, Konten nach einer gewissen Inaktivitätszeit automatisch zu entfernen.
- Digitale Nachlassverwaltung: Spezialisierte Dienste helfen Angehörigen, Online-Profile zu finden, zu schliessen oder zu übertragen.
Grief Tech: Digitale Erinnerungen bewahren
Grief Tech verfolgt einen völlig anderen Ansatz: Hier geht es darum, digitale Spuren zu erhalten und sogar zu erweitern. Technologien helfen Trauernden, eine Verbindung zu den Verstorbenen aufrechtzuerhalten:
- Virtuelle Gedenkstätten: Profile können als Erinnerung bestehen bleiben, z. B. auf Facebook oder Instagram.
- KI-gestützte «Deadbots»: Chatbots, die aus alten Nachrichten, Audiodateien und Social-Media-Posts lernen, um mit Hinterbliebenen zu «kommunizieren».
- Erinnerungs-Avatare und Hologramme: Unternehmen entwickeln digitale Abbilder von Verstorbenen, die auf Knopfdruck interagieren können.
Doch hier stellt sich die ethische Frage: Wollen wir, dass Menschen digital weiterleben? Während einige diese Technologie als Trost empfinden, kann sie für andere verstörend sein. Wo liegt die Grenze zwischen Erinnerung und Illusion?

Praxistest: Ein Gespräch mit der Vergangenheit?
Im Rahmen unserer Recherche haben wir Here After selbst ausprobiert – eine Plattform, die es ermöglicht, digitale Erinnerungen für die Zukunft zu bewahren. Die Idee: Nutzende hinterlassen Sprachaufnahmen über ihr Leben, ihre Erlebnisse und Gedanken, die später von Angehörigen abgerufen werden können.
So funktioniert es:
- Du beantwortest Fragen zu deinem Leben und nimmst Erinnerungen auf.
- Die KI verarbeitet diese Aufnahmen und erstellt daraus einen interaktiven «Erinnerungsavatar».
- Angehörige können später mit diesem digitalen Ich «sprechen».
💬 «Es fühlte sich an wie eine digitale Interviewsituation – kein echtes Gespräch, aber eine Art Zeitkapsel meiner Erinnerungen.»
Das Ergebnis? Der Avatar kann Fragen zu gespeicherten Erinnerungen beantworten, aber er denkt nicht selbstständig. Es ist weniger eine echte Simulation als vielmehr ein interaktives Archiv. Dies stellt jedoch erst den Anfang dar, und mit der rasanten Entwicklung von Künstlicher Intelligenz können noch völlig überraschende Fortschritte und Entwicklungen auf uns zukommen.
Sinnvoll oder befremdlich?
Für manche mag es beruhigend sein, Erinnerungen so festzuhalten. Andere empfinden es als unheimlich, mit einer KI-Version eines geliebten Menschen zu interagieren. Die grosse Frage bleibt: Ist das ein würdiger Umgang mit Erinnerungen – oder nur eine programmierte Selbsttäuschung?
Rechtliche und technische Hürden
- In der Schweiz zählen digitale Daten auf lokalen Speichern zur Erbmasse, Online-Daten jedoch nicht.
- Viele Plattformen sitzen im Ausland, was den Zugriff erschwert.
- Einige Familien kämpfen jahrelang um den Zugang zu den Online-Konten Verstorbener.
💬 «Viele denken nicht darüber nach, was mit ihren Online-Konten passiert, wenn sie sterben. Dann stehen Angehörige ohne Passwörter und Zugriff da.»

Digitale Geister: KI und die Frage nach der Ethik
- KI-Modelle ermöglichen es, Stimmen und Textmuster Verstorbener nachzubilden.
- Einige sehen darin Trost, andere eine problematische Illusion.
- Wer entscheidet, ob eine digitale Kopie eines Verstorbenen weiter existieren darf?
💬 «Es ist faszinierend, aber auch beängstigend: Was passiert, wenn solche Technologien missbraucht werden»

Praktische Tipps: Wie du dein digitales Erbe regeln kannst
✅ Passwortmanager nutzen – Eine zentrale Stelle für deine digitalen Zugänge.
✅ Eine Vertrauensperson bestimmen – Wer soll Zugriff auf wichtige Daten haben?
✅ Inaktive Konten löschen – Reduziert das Risiko von Missbrauch.
✅ Social-Media-Gedenkoptionen prüfen – Konten lassen sich oft in den Gedenkzustand versetzen.
💬 «Es hilft nicht nur Angehörigen, sondern schützt auch uns selbst schon zu Lebzeiten.»
Zwischen Dead Man’s Chest und Klabautermann

Unser digitales Erbe kann ein wertvoller Schatz oder eine unkontrollierbare Last sein. Wer sich nicht darum kümmert, riskiert, dass seine Daten wie eine verfluchte Dead Man’s Chest weiterexistieren oder unkontrolliert im Netz wie ein Klabautermann herumspuken.
Setzt die Segel und lauscht dem Abenteuer! 🏴☠️🎙️
Folge 2 unseres Digitalen Piraten-Podcasts ist jetzt am Start – und diesen Artikel gibt’s jetzt nicht nur zum Lesen, sondern auch zum Hören! Perfekt für alle, die lieber in spannende Audio-Welten eintauchen. ⚓🔊