Der Hype um künstliche Intelligenz und schlaue Chatbots zieht weite Kreise. So gerät das noch kurz zuvor gefeierte Metaversum ins Hintertreffen. Disney entlässt alle 50 Mitarbeitenden, die zuvor noch an den digitalen Welten für den Konzern getüftelt haben, und auch Mark Zuckerberg (Meta) – einst grosser Verfechter des Metaversums – will sich in Zukunft mehr auf KI konzentrieren.
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Warum wir das Metaversum dennoch nicht abschreiben sollten.
Das Metaversum ist nichts Neues
Erste Versionen eines Metaversums existierten bereits Mitte der 1980er –Jahre, selbst wenn es damals noch nicht so genannt wurde. Der Begriff selbst wurde 1992 zum ersten Mal in der Literatur verwendet. Und das Internet, das zu jenem Zeitpunkt durchzustarten begann, ermöglichte die Entwicklung weiterer Metaversen. Das bekannteste darunter ist wohl Second Life (seit 2003), das noch immer über 70 Millionen registrierte Nutzer (Stand 2022) verfügt. Ernest Clines Roman «Ready Player One» (2011) und die folgende Verfilmung durch Steven Spielberg befeuerte die – wenn auch zu dieser Zeit bereits wieder abgekühlte – Begeisterung über virtuelle Welten und diente Mark Zuckerberg als Blaupause zum Bau seines eigenen Metaversums.
Was macht das Metaversum so faszinierend?
Nach dem Fernsehen ist Gaming der umsatzstärkste Markt im Bereich der digitalen Medien, und bis 2027 soll es laut Schätzungen sogar digitales Video überholt haben. Und passionierte Gamerinnen oder Gamer verfügen bereits jetzt über eine leistungsfähige Hardware, die ein Eintauchen in virtuelle Welten ermöglicht.
Das Metaversum ermöglicht es seinen Nutzerinnen und Nutzern, ein zweites Leben zu führen, Abenteuer zu erleben und auch der Realität des Alltags zu entfliehen. Die Interaktion mit anderen Teilnehmern, der Erwerb von Grundstücken, das Bauen von fantasievollen Welten und die freie Avatar-Gestaltung stehen dabei im Vordergrund. Langfristig hat das Metaversum das Potenzial, Handel, Geldanlage, Immobilienmarkt, Arbeitswelt und Freizeit zu verändern.
Was hält die Entwicklung des Metaversums zurück?
Sollte das Metaversum tatsächlich eine Vielzahl immersiver virtueller Welten für Milliarden von Menschen in Echtzeit werden, müsste aus heutiger Sicht die Rechenleistung um das Tausendfache ansteigen. Ausserdem haben sich VR-Headsets, die dazu nötig wären, noch nicht wirklich durchsetzen können und sind noch eher ein Nischenprodukt, das sich jedoch im technikverliebten Japan bereits einer grossen Fangemeinde erfreut.
Doch könnte die Einstiegshürde niedriger werden, wenn einer der grossen Technikkonzerne (z. B. Apple) ein entsprechendes Produkt erfolgreich auf dem Markt platzieren kann. Auch wäre es denkbar, dass die Entwicklung von Smartphones hinsichtlich Augmented Reality oder Darstellung von Holografien weitere Fortschritte verbuchen kann und auf diese Weise einen massentauglichen Zugang zum Metaversum bietet.
Allerdings wird ein leistungsfähiges Metaversum kaum vor 2030, sondern eher 2040 erwartet. Jedoch investieren bereits jetzt namhafte Konzerne wie McDonalds, Walmart, Gucci, Nike, Adidas, aber auch Kaufland und H&M in virtuelle Welten und feilen an ihren Plänen und Konzepten zum Auftritt im Metaversum.
… und die künstliche Intelligenz?
Die künstliche Intelligenz mit ihren jüngst verbuchbaren Erfolgen wird derzeit als der nächste grosse Wurf nach dem Internet gefeiert und zieht Ressourcen, die zuvor für die Entwicklung eines Metaversums reserviert waren, ab. Das Metaversum liegt nicht mehr in der Gunst der Entwicklerinnen und Entwickler, die sich nun Chatbots und künstlichen Intelligenzen widmen.
Das kann jedoch die Entwicklung eines Metaversums langfristig beflügeln, denn künstliche Intelligenzen können dabei helfen, virtuelle Welten zu erschaffen – effizienter und ausdauernder als es Menschen allein in der Lage wären. Und selbst künstliche Intelligenz benötigte eine lange Anlaufzeit, bis sie zum nützlichen Werkzeug gereift war.
Es ist auch nicht völlig ausgeschlossen, dass von Microsoft, dem OpenAI mit ChatGPT mittlerweile gehört, ein Metaversum kommt, das auf Teams basiert, künstliche Intelligenz von OpenAI verwendet und auf das Businessnetzwerk LinkedIn zurückgreift. Unerwartet wie der plötzliche Durchbruch künstlicher Intelligenz, den wir soeben erleben. Und vielleicht werden wir uns bereits in absehbarer Zeit routiniert in einem Teams-Metaversum bewegen, wie wir es jetzt mit Videokonferenzen tun. Mit Microsoft Mesh wird dies möglich sein.
Wie komme ich ins Metaversum?
Bereits jetzt existieren mehrere Spiele und Plattformen, die ein Metaverse darstellen. Dazu gehören Apps wie VRChat, Decentraland oder Somnium Space. Auch Spiele wie Fortnite, Animal Crossing und Pokémon Go können im weiteren Sinne dem Metaversum zugeordnet werden. Je nach Anbieter sind die Anforderungen unterschiedlich. Oft genügt ein Computer oder ein Smartphone. Allerdings kann auch die Anschaffung eines VR-Headsets nötig werden.