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Künstliche Intelligenz und Singularität – was uns nach Web 4.0 erwartet

Das Buzzword Web 2.0, das um die Jahrtausendwende verwendet wurde, war ein Trotzruf. Nach dem Platzen der Dotcom-Blase bedeutete es so viel wie «Totgesagte leben länger, wir sind noch immer da».

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ÜBERLEBEN DER STÄRKSTEN

Nach dem reihenweisen Dahinraffen der überbewerteten Start-ups – als Geschäftsidee genügte damals «Internet» und spekulative Investoren hatten bereits Dollarzeichen in den Augen – war die Ernüchterung gross. Rückblickend jedoch sorgte der Dotcom-Börsencrash für eine wohltuende Bereinigung nach der anfänglichen Goldgräberstimmung und die Firmen, die bereits über ein ausgereiftes und wirklich zukunftsträchtiges Geschäftskonzept verfügten, standen danach stärker als zuvor da. Es schlug die Stunde von Amazon, Google, Ebay, Facebook und Apple. Was sich stillschweigend noch verändert hatte, war die Verbreitung des Internetzugangs in der Bevölkerung. Zu Zeiten des Web 1.0 (ca. 1990 – 2000) wurde das WWW noch von vielen als CB-Funk für Technikfreaks belächelt. Zu Beginn des neuen Jahrtausends trat das Web 2.0 seinen Siegeszug an. Das World Wide Web hatte sich von 1996 mit geschätzt 208000 Webseiten bis 2006 mit ca. 80000000 Webseiten um den Faktor 320 vervielfacht. Weblogs und Foren waren die angesagten Tools der Stunde. Es wurde gebloggt und diskutiert (und auch getrollt) was das Zeug hielt und die Ära der sozialen Netzwerke begann.

Seitdem gab es keine nennenswerten Rückschläge, die den Siegeszug des Cybernets hemmten, und bei der rasanten Entwicklung, die seitdem erfolgte, fragt sich, welche Versionsnummer das Web nun mittlerweile hätte.

WEB 1.0 BIS 6.0 – EINE ENTSTEHUNGSGESCHICHTE

Die Idee einer universellen Wissensdatenbank reicht weit zurück. Als Urvater des WWWs – aus technischer Sicht zumindest – gilt Memex, ein Konzept, das bereits 1945 angedacht wurde

WEB 1.0 (CA. 1990 – 2000) – MATCHENTSCHEIDEND WAR DER BROWSER

Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts war es dann endlich so weit. Das Internet als Trägermedium des Webs wurde zur zivilen Nutzung freigegeben und die meisten Personal Computer verfügten über eine anwenderfreundliche grafische Benutzeroberfläche.

Das World Wide Web jedoch wäre vielleicht nichts weiter als eine schrullige Idee einiger Wissenschaftler des CERN zum Dokumentenaustausch geblieben, wenn zu diesem Zeitpunkt nicht der richtige Webbrowser (Mosaic) erschienen wäre, der bereits über viele Eigenschaften der heutigen Webbrowser – wie auch eine Lesezeichenverwaltung – verfügte.

Allerdings blieb das Web 1.0 eindimensional. Selbsterstellte Homepages, Gästebücher und Besucherzähler waren vorerst das Höchste der Gefühle. Doch der Wunsch nach mehr sorgte bald dafür, dass Forensoftware und Blogs, aber auch E-Commerce entwickelt wurden und die ersten sozialen Netzwerke entstanden.

WEB 2.0 (CA. 2000 – 2010) – SOZIALE NETZWERKE UND DIE GRASWURZELREVOLUTION.

Die mittlerweile deutlich einfacheren Möglichkeiten zum Erstellen und Teilen von Inhalten ermöglichten erstmals einen virtuellen Austausch mit Gleichgesinnten. Es wurde gebloggt und diskutiert, Filmchen wurden hochgeladen (YouTube 2005) und es wurde fleissig «geliked» (Facebook 2004).

Einen weiteren Entwicklungsschub in Richtung Web 3.0 ermöglichte das iPhone, das es Ende 2007 populär machte, das WWW in die Hosentasche zu stecken.

WEB 3.0 (CA. 2010 – 2020) – DAS WEB WIRD MOBIL

Das Smartphone ist zweifelsohne ein wichtiger Faktor für den nächsten Innovationsschwung. Ausschlaggebend war jedoch auch der Datenwust, den es mittlerweile zu ordnen, sortieren und bewerten galt und zu dem auch die mobilen Geräte und Sensoren ungebremst beisteuerten. Die Komplexität des Webs betrug bereits 2007 die eines menschlichen Gehirns. Noch verhältnismässig einfache Funktionen zur Web-Suche, wie sie dereinst von Lycos, Yahoo und Google (1996) oder Bing (2009) bereitgestellt wurden, reichen heute bei weitem nicht mehr aus, um wirklich relevante Informationen zu liefern. Das Web ist mittlerweile mobil und dadurch dreidimensional geworden. Dementsprechend erwarten wir nun geobasierte Ergebnisse, gewichtet nach unseren Vorlieben und denen von Gleichgesinnten. Ein Beispiel: Wenn wir in einer fremden Stadt auf der Strasse «Pizza» in unser Smartphone sprechen, wollen wir keine Pizzarezepte als Ergebnis ausgespuckt bekommen, sondern Empfehlungen für ein Restaurant, das im Idealfall unsere Freunde bereits besucht und für gut befunden haben. Daher rührt auch das Bedürfnis nach digitalen Assistenten und Machine Learning. Wir benötigen aus der Flut an Informationen die, die jetzt im Moment am besten für uns passt. Wir befinden uns derzeit im «Goldenen Zeitalter» des späten Web 3.0 oder bereits im frühen Web 4.0. Ein Anzeichen für einen nächsten Versionssprung ist das Auftreten von digitalen Assistenten, was letztlich darauf beruht, dass künstliche Intelligenz langsam beginnt, brauchbare Ergebnisse zu liefern. Auch das Erschaffen einer AI ist laut Larry Page ein erklärtes Ziel von Google.

WEB 4.0 (CA. 2020 – 2030) – PERSÖNLICHE ASSISTENTEN, IOT, KI UND AUGMENTED REALITY

Nun betreten wir den spekulativen Raum, doch für den Zeitabschnitt der nächsten Dekade lässt sich ziemlich verlässlich prognostizieren, dass das Internet der Dinge (IoT) eine signifikante Bedeutung erlangen wird, indem es Alltagsgegenstände, aber auch Sensoren, z.B. in Gebäuden, Brücken oder Parkplätzen, mit dem Internet verbindet und in unser tägliches, digitales Leben integriert. Waren es 2006 noch 80 Millionen Web-Benutzer sind es 2019 4,3 Milliarden – das entspricht gut der Hälfte der Weltbevölkerung. Den 500 Exabyte, die 2008 noch erzeugt wurden, stehen 2019 4,4 Millionen Gigabyte pro Minute gegenüber, die allein in den USA erzeugt, bzw. genutzt werden. Eine Menge, für die knapp eine Million DVDs benötigt würden, um sie zu speichern. Das heisst, dass heute allein in den USA in weniger als einem Vierteljahr die weltweilte Datenmenge von 2008 anfällt, und ein Abwärtstrend ist nicht absehbar. Persönliche Assistenten werden für eine vernünftige Benutzung des WWWs unerlässlich, egal, ob sie unauffällig im Hintergrund arbeiten oder uns in Form eines Avatars begrüssen werden – wir werden in vielen Fällen auch nicht mehr unterscheiden können, ob wir uns mit einem Menschen oder einer Maschine unterhalten werden. Vorstufen dazu, die sich bereits jetzt abzeichnen, sind beispielweise Chatbots oder die Echtzeit-Filter, die Snapchat und andere Messenger bieten. Besonders beeindruckend ist hier der Gender-Swap-Filter, der es ermöglicht, das Geschlecht zu wechseln, oder die Ergebnisse, die sich mit Deepfake erzielen lassen. War das Web 3.0 durch seine mobile Komponente dreidimensional, wird das Web 4.0 vierdimensional sein, indem es nicht allein Informationen oder Dokumente (Text, Bild, Video oder Ton) miteinander verknüpft, sondern auch Ideen. Das entsteht dadurch, dass die Beziehungen von Artikeln, Inhalten, Autoren, etc. erfasst, eingehend interpretiert und bewertet werden. Die Ergebnisse letztlich werden persönlich aufbereitet und je nach Situation und Ort angepasst. Die Einspielung erfolgt zeitnah und wird nicht allein auf ein mobiles Gerät erfolgen. Wearables und smarte Alltagsgegenstände werden uns direkt Informationen vermitteln. Die Fragmentierung der Informationskanäle hat ihren Höhepunkt erreicht, wird jedoch im nächsten Versionssprung des Webs endlich drastisch schwinden.

WEB 5.0 (AB CA. 2030 – 2040) – HYPERNET UND DER AUFSTIEG DER KI

Wir werden das Web mit einer Leichtigkeit benutzen, die dem Atmen gleichkommen wird. Wearables werden uns ständig Informationen einspielen, während wir uns in einer vernetzten Welt bewegen. Bargeldloses Bezahlen wird mit einfachen Gesten erfolgen, sofern diese überhaupt noch nötig sein werden. Möglich ist es, dass das Internet von einem leistungsfähigeren Netzwerk, beispielsweise einem «Hypernet» abgelöst wird, das aus Hochleistungsrechnern besteht, die die mittlerweile notwendigen komplexen Berechnungen und Aufgaben erledigen und das aus heutiger Sicht unvorstellbare Datenvolumen bezwingen können. Auch die Entwicklung der Nanotechnologie wird uns bis dato ungeahnte Möglichkeiten eröffnen. Weitere mögliche Szenarien sind, dass Fortbewegungsmittel nicht mehr funktionieren werden, wenn sie keinen Netzanschluss mehr haben, da sie ständig online sein müssen, aber auch dass RFID-Implantate zur einfachen Identifizierung ihres Trägers obligatorisch werden. Denkbar ist ebenso, dass sich Schnittstellen entwickeln werden, die Informationen – via Implantat oder ohne – direkt ins Gehirn einspielen werden. Sehr wahrscheinlich ist jedoch die Verbreitung von intelligenten Brillen oder Kontaktlinsen, die uns wie ein Head-up-Display Informationen einblenden. Viele triviale Informationen wie Adresse oder Telefonnummer werden wir uns gar nicht mehr merken müssen. Das Web wird zum dritten Teil unseres Gehirns werden. Ebenso wahrscheinlich ist es, dass KI die menschliche Intelligenz übertreffen wird. Unvorstellbare Zukunftsmusik? Denken wir zurück, in den Achtzigern des letzten Jahrhunderts waren sprechende Autos mit Navigationssystemen und Smartphones ebenso unvorstellbar. Doch es wird noch unglaublicher kommen.

WEB 6.0 (2040 – 2050) WILLKOMMEN SINGULARITÄT

Wenn technologische Singularität in dieser Dekade erreicht wird, und KI so intelligent wird, dass sie sich ab diesem Zeitpunkt von selbst verbessert, ist eine weitere Zukunftsentwicklung schwer absehbar. Sobald dieser Punkt erreicht sein wird, ist das die herausragendste und letzte grosse Erfindung der Menschheit. Mögliche Szenarien ab da sind, dass es möglich sein wird, sein Bewusstsein in das Web hochzuladen oder in andere Organismen und Maschinen herunterzuladen. Vielleicht ist das auch der Zeitpunkt, an dem wir uns nicht mehr in der realen Welt aufhalten wollen oder können.

ALLES WIRD ANDERS

Faszinierend und beängstigend zugleich. Die Prognose zeigt auf, wie sehr in Zukunft die virtuelle mit der realen Welt verschmelzen wird. Wie diese tatsächlich in 20, 30 Jahren aussehen wird, entscheiden wir bereits jetzt.

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