Wir bewegen uns im Internet, verfügen über ein Smartphone, ein oder mehrere E-Mail-Konten und digitale Mitgliedschaften. Doch was geschieht mit unseren Spuren im Netz, wenn wir einmal nicht mehr leben?
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Laut Schweizer Erbrecht fallen digitale Daten, die auf lokalen Speichermedien gesichert sind, in die Erbmasse, die an die berechtigten Erben übertragen wird. Doch bei Daten, die sich im Internet befinden, gelten andere Regeln. Sie zählen als persönlichkeitsrechtliche Belange und nicht als Vermögenswerte im Sinne des Erbrechts und werden nicht an die Erben übertragen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich viele Anbieter überdies im Ausland befinden, wo eine andere Rechtsprechung gilt. Besser also, kümmere dich noch zu Lebzeiten um dein digitales «Anhängsel». Doch auch wenn von dir keine Regelung getroffen wurde, stehen deine Angehörigen nicht hilflos vor deinem digitalen Erbe. Es wird nur etwas komplizierter.
Führe deine Internetaktivitäten proaktiv
Diese Massnahmen kommen dir schon zu Lebzeiten zugute. Notiere dir an einer zentralen und sicheren Stelle, über welche Benutzerkonten und Passwörter du verfügst, und lösche inaktive Accounts. Das verschafft dir nicht nur einen wohltuenden Überblick über deine Online-Mitgliedschaften, sondern erhöht auch deine Sicherheit vor Hackerangriffen.
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Zentralschlüssel E-Mail-Konto und Smartphone
Besonders wichtig sind hierbei die Zugangsdaten zu deinen E-Mail-Konten. Zum einen fallen auch diese in den digitalen Nachlass, zum anderen ist die E-Mail noch immer das wichtigste Kommunikationsinstrument für alle Onlinebelange. Transaktionen wie beispielsweise das immens wichtige Zurücksetzen von Passwörtern werden via E-Mail abgewickelt. Auch eine Übergabe des Schlüssels zum Entsperren deines Smartphones an eine Vertrauensperson ist in diesem Zusammenhang eine Überlegung wert. Denn viele digitale Mitgliedschaften werden auch über das Smartphone geregelt bzw. Verifizierungscodes per SMS versendet.
Vertrauen ist gut
Suche dir eine Vertrauensperson, die Zugang zur Liste mit deinen Internet-Mitgliedschaften bekommt. Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um eine Erbin oder einen Erben handeln, jedoch müssen deine Erben wissen, an wen sie sich im Falle deines Ablebens wenden können. Hast du diese Punkte erledigt, können sie beruhigt sein. Du hast sowohl deine Sicherheit vor Cyberangriffen erhöht als auch dein digitales Erbe geregelt.
Tabula rasa oder Gedenkstätte?
Auch wenn der digitale Nachlass nicht geregelt wurde, können Angehörige handeln. Zentrale Anlaufstelle ist hier das E-Mail-Konto des Verstorbenen, oder vielleicht existiert ja doch eine im Testament unerwähnte Vertrauensperson. Um Zugang zu den E-Mails zu bekommen, müssen sie sich im schlimmsten Fall einen Erbschein oder eine Sterbeurkunde beschaffen. Ist diese Hürde genommen, sollte versucht werden, sich einen Überblick über sämtliche Onlinekonten der verstorbenen Person zu verschaffen. Das zusätzliche Befragen von Freunden und Bekannten, die der verstorbenen Person nahestanden, kann hier hilfreich sein. Im Anschluss können kostenpflichtige Verträge und Nutzerkonten aufgekündigt und kostenlose gelöscht werden.
Hierbei müssen nicht zwingend sämtliche Spuren gelöscht werden. Plattformen wie Facebook und Instagram bieten beispielsweise die Funktion, Benutzerkonten in den Gedenkzustand zu versetzen. Ein weniger harter Bruch für die Hinterbliebenen.
Nicht alles ist für die Ewigkeit
Auch beim sprichwörtlichen Elefantengedächtnis des Internets bleibt nicht alles für immer gespeichert. Einige Onlinedienste setzen Nutzerprofile automatisch nach einem gewissen Zeitraum ohne ausgeführte Aktionen auf inaktiv oder löschen sie sogar. Im Zuge der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) ist davon auszugehen, dass sich diese Vorgehensweise sogar verschärft, da sie den Internet-Dienstleistern den korrekten Umgang mit der Datenschutz-Richtlinie erleichtert. Auch Hinterbliebene könnten so von dieser Strategie profitieren. Und wer noch über verwaiste Accounts verfügt, sollte sich mehr denn je überlegen, ob er sie noch weiter nutzen möchte.