Derzeit entsteht eine Vielzahl an künstlichen Intelligenzen und täglich erscheinen (und verschwinden) mehrere Apps und Websites, mit denen sie eingesetzt werden.
Durchschnittliche Lesezeit: ca. 4–6 Minuten
Das Web-Verzeichnis «There’s an AI for that» versucht mit dieser Entwicklung Schritt zu halten, aktualisiert seine Einträge täglich und hat bis jetzt über 1900 AIs für 500 unterschiedliche Aufgaben katalogisiert. Der Web-Katalog mutet ein wenig wie die Linksammlungen, die in den 90er-Jahren von Individualisten kuratiert wurden, an. Doch es ist mittlerweile 2023 und wir haben Web 1.0 längst hinter uns gelassen.
Mit dem Erscheinen der künstlichen Intelligenzen beginnt die Versionsnummer 4.0.
Einige Beispiele von Apps, die sich auf «There’s an AI for that» finden lassen:
MusicLM – die AI versucht sich an Musikkompositionen
MusicLM liefert beeindruckende Kompositionen, schwächelt aber bei den Details. Die Musik, die die AI anhand von Textangaben erzeugt, kann sich hören lassen. Doch was ist das für eine Sprache beim Gesang? Es klingt nach Kauderwelsch, oder so, wie sich eine AI menschliche Sprache vorstellen mag, ohne den wirklichen Sinn dahinter jedoch zu verstehen. Auch auf Transkriptionen versteht sich die künstliche Intelligenz. Die Ergebnisse sind solide, jedoch keine Meisterwerke.
Maroofy – ähnliche Musik entdecken
Du kannst vom Stil eines bestimmten Musikstückes nicht genug bekommen und möchtest noch mehr davon? Maroofy könnte hier hilfreich sein. Du teilst der AI mit, auf welchen Song du gerade verrückt bist und die App findet zahlreiche ähnliche.
Die Ergebnisse variieren zwischen hervorragend und total daneben. Auch hier entgeht der AI der eigentliche Grund, warum wir uns zu einem Lied so hingezogen fühlen können. Maroofy kann Ergebnisse von Apple Music empfehlen, jedoch nicht von Spotify, auch keine Playlists erstellen, was ein weiteres Manko ist.
Punchlines.ai, Uncle AI – künstliche Intelligenz ist ein Witz!
Kann AI komisch sein? Erster Versuch: Punchlines.ai, ein KI-Tool, das beim Schreiben von Comedy-tauglichem Material helfen soll. Es greift dabei auf das GPT-3-Sprachmodell von OpenAI zurück und wurde mit über zehntausend Late-Night-Comedy-Monolog-Witzen gefüttert.
Ernüchterndes Ergebnis: Nachdem sämtliche Versuche, eine Punchline zu erzeugen, aufgebraucht sind, ist noch immer kein annähernd brauchbarer Witz darunter.
Nächster Versuch: Uncle AI von AI is a Joke. Anhand einer Vorlage generiert die künstliche Intelligenz einen Witz, oder etwas, was sie für witzig hält. Das Ergebnis ist aber eher verstörend.
ChatGPT zur Rettung: Dieses Sprachmodell hat die Schlauheit des Internets mit dem virtuellen Löffel gefressen. Bringst wenigstens du etwas annähernd Witziges zustande?
Das Ergebnis der eloquenten AI ist nach einem vierten Anlauf fast schon witzig. Scheint, der Late-Night-Comedy-Crashkurs hat Punchlines.ai nicht gutgetan, nachdem es auf das Sprachmodell von ChatGPT basiert.
[Weiterlesen: Interview mit einer AI]
Flirtify, aipickuplines – lustige Anmachsprüche von der AI? Lieber nicht!
Künstliche Intelligenz versucht sich auch als Flirthilfe. Doch um peinliche Sprüche zu verfassen, benötigt doch niemand eine Ai, oder?
Die App Flirtify scheint jedoch schwer damit beschäftigt zu sein, Anmachsprüche auszuspucken. Aufgrund des hohen Aufkommens an Anfragen, war an ein Ausprobieren nicht zu denken. Doch allein die Beispiele lassen mich schaudern.
Auch hier zur Ehrenrettung ein Gegenbeispiel von ChatGPT, das zwar keinen Anmachspruch, dafür aber ein komplettes Gesprächsthema zum Thema Drinks liefert, was vermutlich die bessere Wahl ist.
Die AI als Chefkoch – warum nicht?
AI-gesteuerte Apps für Rezepte lassen sich zuhauf finden. Zutaten, die gerade zur Hand sind, in eine AI eingeben, um so Food Waste vorzubeugen, klingt sinnvoll. Funktioniert das auch in der Praxis?
Die AI meiner Wahl ist hier YouGotCooking, und sie kommt gleich mit folgender Warnung: «Denken Sie daran, dass die KI die vorgeschlagenen Rezepte nicht physisch schmecken kann. Verwenden Sie Ihren gesunden Menschenverstand, wenn Sie eines dieser Rezepte befolgen.»
Eine künstliche Intelligenz schlägt aus Resten, die ich zufälligerweise übrighabe, ein Rezept vor und versteht dabei das Konzept Kochen nicht. Das kann ja heiter werden …
Doch es funktioniert erstaunlich gut. Aus meiner Eingabe «Zutaten Brot, Butter, Milch, Schinken, Pfeffer, Zwiebeln und Knoblauch» generiert die AI folgende Rezepte: Schinken-Käse-Toast, Schinken-Zwiebel-Omelette, Knoblauchbrot mit Schinken und Schinken-Zwiebel-Suppe.
Dabei ist es nicht schlimm, dass bei den Rezepten mal eine Zutat weggelassen (Brot) oder hinzugefügt (Eier) wurde, sondern erweitert die Ergebnisse um Zutaten, die vermutlich auch gerade verfügbar sein könnten.
Jetzt bin ich neugierig, was ChatGPT vorschlägt, und die Wahl der AI fällt auf Schinken-Zwiebel-Toast.
Das vorgeschlagene Rezept ist auf den Punkt getroffen. Ich werde in Zukunft ChatGPT öfter bei Kochfragen konsultieren, zumal die AI auch ein brauchbares Rezept für Ochsenschwanz-Ragout kennt.
Es existiert tatsächlich eine AI für nahezu alle Fragen
Ich beende mein Experiment und komme zu dem Ergebnis, dass es besser ist, mich, statt mich mit unzähligen verschiedenen AIs zu verzetteln, an eine einzige zu halten. An die, die hier in nahezu allen Disziplinen am besten abgeschlossen hat und auf deren Modell einige der vorgestellten Apps beruhen: ChatGPT. Open AI, das Unternehmen hinter dem Chatbot, deckt zusätzlich mit der Grafik- und Bild-AI DALL·E 2 bereits ein breites Feld an Anwendungsmöglichkeiten ab, sodass es oft keiner weiteren Apps bedarf.
Ich habe ChatGPT noch abschliessend in Sachen Musik befragt, auch hier traf es die AI auf den Punkt. Die Funktionalität des Chatbots ist ebenso in Microsofts Suchmaschine Bing integriert. Das soll zum einen die Bedienung vereinfachen und zum anderen einmalige und neuartige Suchergebnisse liefern, die speziell auf einzelne Anfragen hin erzeugt werden.