Suche

Pig Butchering ist ein durchchoreografierter, milliardenschwerer Betrug

Diese Variante des Onlinebetrugs wurde unter dem chinesischen Ausdruck shāzhūpán (das Schwein schlachten) bekannt, weil seine Opfer erst auf perfide Art gemästet werden, bevor ihnen alles genommen wird.

Durchschnittliche Lesezeit: ca. 3 Minuten

Dieses bis ins letzte Detail durchorganisierte Verbrechen zielt besonders auf hilf- und wehrlose Opfer und ist damit so erfolgreich, dass die Schäden weltweit innerhalb nur weniger Jahre bereits mehrere Milliarden betragen. Die Dunkelziffer ist dabei noch weitaus höher, weil etliche Opfer aus Scham schweigen.

Die Betrügereien werden in der Regel mit Kryptowährungen begangen, obwohl auch andere Arten des Finanzhandels vorkommen können.

Die erste Kontaktaufnahme – hoppla, dich kenn‘ ich doch?

Der Kontakt kommt über soziale Medien, Dating-Apps oder eine Textnachricht zustande. Dabei ist es nachrangig, ob der Betrug als Flirtversuch, Nachricht einer Kollegin oder eines Kollegen oder als versehentlich verschickte Botschaft beginnt. Von da an wird das Opfer regelmässig Nachrichten bekommen, damit ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden kann. Das kann Wochen oder sogar Monate dauern. Dazu werden professionelle und glaubwürdige Fotos, die nicht oder nur schwer zurückzuverfolgen sind, Anrufe und sogar Videocalls verwendet.

Alles folgt einem vordefinierten Skript, damit auch weniger geübte Betrügerinnen und Betrüger zum Erfolg, bzw. zur Hausschlachtung kommen können. Möglich wird dieses organisierte Verbrechen durch Vereinigungen, die es mittlerweile auf Industriegrösse gebracht haben. Sie sind wie Unternehmen aufgebaut, haben eigene Finanzabteilungen und sind in gewöhnlichen Wohnkomplexen angesiedelt. Der Motor dahinter sind Angestellte, die sogenannten «Keyboarder», die dort leben und rund um die Uhr mit den Opfern chatten. Diese Keyboarder arbeiten bestenfalls für Billiglöhne, sind selbst einem Betrug aufgesessen oder sogar Opfer von Menschenhandel.

Ähnlich organisiert sind auch die Callcenter, die mit betrügerischen Supportanrufen versuchen, Erpressungstrojaner auf Ihrem Computer zu installieren (Serie Bedrohungen im Internet, Teil 6: Betrügerische Supportanrufe).

Der Vorschlag eines lukrativen Finanzgeschäfts

Letztlich zielt alles darauf ab, seinem neu gewonnenen guten Freund oder seiner guten Freundin so viel Geld wie möglich und dann noch mehr davon abzuknöpfen. Irgendwann wird ein Finanzgeschäft vorgeschlagen werden – meist in Kryptowährung –, das zu gut zu sein scheint, um ausgeschlagen werden zu können.

Auch hier verläuft der Betrug nach Drehbuch, und die App zum Handel mit der Kryptowährung kann sogar über offizielle App-Stores heruntergeladen werden. Dazu wird ein Schlupfloch bei der Zulassung der App ausgenutzt. Sie wird zuerst als eine harmlose App im App-Store angeboten und erst danach zur betrügerischen Variante umgebaut.

Ist das Opfer so weit dem Betrug aufgesessen, können erste Gewinne mit dem Finanzhandel verbucht werden. Auch hier folgt der Verlauf des Betrugs einer perfekt durchorganisierten Choreografie. Selbst Gewinnmitnahmen in Form von Auszahlungen sind möglich. Alles dient nur dazu, das Opfer so lange zu mästen, um ihm schlussendlich alles zu nehmen. Sind Kredite aufgenommen und alle Ersparnisse in die Kryptowährung investiert, folgt das unvermeidliche Ende, und das Geld ist weg.

Trotz Razzien bleibt der Trend ungebrochen

Die chinesische Regierung geht seit 2021 hart gegen Betrug mit Kryptowährungen vor, aber die kriminellen Organisationen konnten ihre Betriebe in südostasiatische Länder wie Kambodscha, Laos, Malaysia und Indonesien verlegen. Regierungen auf der ganzen Welt warnen zunehmend vor der Bedrohung. Bereits 2021 meldete das Beschwerdezentrum für Internetkriminalität des FBI mehr als 4300 Fälle von Pig Butchering und einen Gesamtschaden von mehr als 429 Millionen US-Dollar. Weltweit wird der durch Pig Butchering entstandene Schaden auf über drei Milliarden US-Dollar geschätzt, in der Schweiz gingen 2022 bereits über 800 Anzeigen mit einer Schadenssumme von 80 Millionen Franken wegen Onlinebetrugs ein. Diese Zahlen betreffen wohlgemerkt nur den finanziellen Schaden. Einige der Geschichten, die man von Opfern hört, sind deprimierend.

Wenn etwas zu gut ist, um wahr zu sein …

… ist es das in der Regel auch. Es könnte das Mantra dieser Rubrik werden. Wenn Sie immer noch mit Kryptowährungen handeln möchten, hören Sie nicht auf lukrative Versprechen von Onlinebekanntschaften. Folgen Sie keinen Links, die Sie zugeschickt bekommen, sondern geben Sie die URLs selbst in den Webbrowser ein, und informieren Sie sich über die aktuell gemeldeten betrügerischen Onlineplattformen, z. B. unter www.cybercrimepolice.ch. Auch Reddit ist eine gute Anlaufstelle. Weitere Informationen zu gängigen Cyberbedrohungen finden Sie ebenfalls auf der Website des Nationalen Zentrums für Cybersicherheit (NCSC) oder der Kantonspolizei Bern.

Netzwerk & IT-Sicherheit

Smart-IT – Antivirus, Firewall, moderne Netzwerkkomponenten und sichere WLAN-Lösungen

Weiterlesen >>

Ähnliche Beiträge

Sicheres Arbeiten im Homeoffice

Datensicherheit kann nervig werden. Dennoch: Umgehen Sie keine Sicherheitsvorkehrungen aus Bequemlichkeit. Links, Pop-ups, SMS Erst lesen, dann denken, dann klicken. Passwörter Niemals Passwörter wiederverwenden. Verwenden Sie stattdessen einen Passwortmanager. Noch...

So verwendest du den Fokus auf deinem Smartphone oder Tablet unter iOS

Das ständige Kleben am Bildschirm von Smartphone und Co. mindert nicht nur unsere Work-Life-Balance, sondern beeinträchtigt auch unsere Fähigkeit, einfach einmal abzuschalten. Höchste Zeit, einen Fokus...

Feinstaub-App für Velofahrer und Velofahrerinnen – Grüne IT an der Hochschule für Technik und Architektur Freiburg

Vor etwa neun Monaten, im November 2022, rückte eine Meldung aus der Universitätsstadt Fribourg in den Fokus unserer Aufmerksamkeit: eine Feinstaub-App, die speziell für Velorouten...

Ähnliche Beiträge

Pink Slime – fragwürdige Online-Inhalte und verborgene Gefahren

Pink Slime, auf Deutsch «rosa Schleim», ist ein Begriff, der sich auf einige industriell hergestellte Rindfleischprodukte bezieht, die mit Konservierungsmitteln haltbar gemacht werden. Promikoch Jamie Oliver...

Quishing – dieser neue Betrugsversuch umgeht deinen Spamfilter

Betrügerinnen und Betrüger sind stets auf der Suche nach neuen Tricks, um dich hereinzulegen. Die jüngste Masche in dieser endlosen Liste ist Quishing (ein neu...
TEAM GREENITS - Dominik Neuffer

Dominik Neufer
Leitung Kommunikation

Du hast Fragen oder Anregungen?

Ich stehe jeden ersten Freitag im Monat für unsere Blogsprechstunde telefonisch unter +41 31 529 10 19 zur Verfügung. Gerne kannst du mir auch eine E-Mail an blog@greenits.ch schreiben.

Ich freue mich auf einen regen Austausch und interessante Gespräche.

Werbehinweis (Link mit Sternchen*)

Achtung: Affiliate-Link. Wenn du das verlinkte Produkt kaufst, bekommen wir eine Provision. Für dich ändert sich nichts am Preis. Nur fürs Protokoll: Wir stellen hier nur Produkte vor, die sich für uns in der Praxis bewährt haben.

Newsletter abonnieren

…und einen CHF 250 Gutschein erhalten!

Erhalte regelmässige Updates zu IT-Themen, profitiere von exklusiven Rabatten, sei immer informiert über unsere neuesten Produkte und entdecke inspirierende IT-Inhalte, Tipps und Tricks. Als Dankeschön schenken wir dir einen Gutschein im Wert von CHF 250 für deine nächste Shop-Bestellung.

Jetzt anmelden und profitieren!