Onlinebetrug hat viele Gesichter, aber eine besonders perfide Variante ist unter dem chinesischen Ausdruck ’shāzhūpán‘ bekannt – das Schwein schlachten. Diese Betrugsmethode zielt darauf ab, Opfer schrittweise zu täuschen und auszubeuten, oft mit verheerenden finanziellen Folgen.
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Dieses bis ins letzte Detail durchorganisierte Verbrechen zielt besonders auf hilf- und wehrlose Opfer und ist damit so erfolgreich, dass die Schäden weltweit innerhalb nur weniger Jahre bereits mehrere Milliarden betragen. Die Dunkelziffer ist dabei noch weitaus höher, weil etliche Opfer aus Scham schweigen.
Die Betrügereien werden in der Regel mit Kryptowährungen begangen, obwohl auch andere Arten des Finanzhandels vorkommen können.
Die erste Kontaktaufnahme – hoppla, dich kenn‘ ich doch?
Der Kontakt kommt über soziale Medien, Dating-Apps oder eine Textnachricht zustande. Dabei ist es nachrangig, ob der Betrug als Flirtversuch, Nachricht einer Kollegin oder eines Kollegen oder als versehentlich verschickte Botschaft beginnt. Von da an wirst du regelmässig Nachrichten bekommen, damit ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden kann. Das kann Wochen oder sogar Monate dauern. Dazu werden professionelle und glaubwürdige Fotos, die nicht oder nur schwer zurückzuverfolgen sind, Anrufe und sogar Videocalls verwendet.
Alles folgt einem vordefinierten Skript, damit auch weniger geübte Betrügerinnen und Betrüger zum Erfolg, bzw. zur Hausschlachtung kommen können.
Möglich wird dieses organisierte Verbrechen durch Vereinigungen, die es mittlerweile auf Industriegrösse gebracht haben. Sie sind wie Unternehmen aufgebaut, haben eigene Finanzabteilungen und sind in gewöhnlichen Wohnkomplexen angesiedelt. Der Motor dahinter sind Angestellte, die sogenannten «Keyboarder», die dort leben und rund um die Uhr mit den Opfern chatten. Diese Keyboarder arbeiten bestenfalls für Billiglöhne, sind selbst einem Betrug aufgesessen oder sogar Opfer von Menschenhandel.
Ähnlich organisiert sind auch die Callcenter, die mit betrügerischen Supportanrufen versuchen, Erpressungstrojaner auf deinem Computer zu installieren.
[Weiterlesen: Serie Bedrohungen im Internet, Teil 6: Betrügerische Supportanrufe]
Der Vorschlag eines lukrativen Finanzgeschäfts
Letztlich zielt alles darauf ab, dir so viel Geld wie möglich und dann noch mehr davon abzuknöpfen. Irgendwann wird dir ein Finanzgeschäft vorgeschlagen werden – meist in Kryptowährung –, das zu gut zu sein scheint, um ausgeschlagen werden zu können.
Auch hier verläuft der Betrug nach Drehbuch, und die App zum Handel mit der Kryptowährung kann sogar über offizielle App-Stores heruntergeladen werden. Dazu wird ein Schlupfloch bei der Zulassung der App ausgenutzt. Sie wird zuerst als eine harmlose App im App-Store angeboten und erst danach zur betrügerischen Variante umgebaut.
Ist das Opfer so weit dem Betrug aufgesessen, können erste Gewinne mit dem Finanzhandel verbucht werden. Auch hier folgt der Verlauf des Betrugs einer perfekt durchorganisierten Choreografie. Selbst Gewinnmitnahmen in Form von Auszahlungen sind möglich. Alles dient nur dazu, dich so lange zu mästen, um dir schlussendlich alles zu nehmen. Sind Kredite aufgenommen und alle Ersparnisse in die Kryptowährung investiert, folgt das unvermeidliche Ende, und das Geld ist weg.
Trotz Razzien bleibt der Trend ungebrochen
Die chinesische Regierung geht seit 2021 hart gegen Betrug mit Kryptowährungen vor, aber die kriminellen Organisationen konnten ihre Betriebe in südostasiatische Länder wie Kambodscha, Laos, Malaysia und Indonesien verlegen. Regierungen auf der ganzen Welt warnen zunehmend vor der Bedrohung. Bereits 2021 meldete das Beschwerdezentrum für Internetkriminalität des FBI mehr als 4300 Fälle von Pig Butchering und einen Gesamtschaden von mehr als 429 Millionen US-Dollar. Weltweit wird der durch Pig Butchering entstandene Schaden auf über drei Milliarden US-Dollar geschätzt, in der Schweiz gingen 2022 bereits über 800 Anzeigen mit einer Schadenssumme von 80 Millionen Franken wegen Onlinebetrugs ein. Diese Zahlen betreffen wohlgemerkt nur den finanziellen Schaden. Einige der Geschichten, die man von Opfern hört, sind deprimierend.
Wenn etwas zu gut ist, um wahr zu sein …
… ist es das in der Regel auch. Es könnte das Mantra dieser Rubrik werden. Wenn du immer noch mit Kryptowährungen handeln möchtest, höre nicht auf lukrative Versprechen von Onlinebekanntschaften. Folge keinen Links, die dir zugeschickt werden, sondern gebe die URLs selbst in den Webbrowser ein, und informiere dich über die aktuell gemeldeten betrügerischen Onlineplattformen, z. B. unter www.cybercrimepolice.ch. Auch Reddit ist eine gute Anlaufstelle. Weitere Informationen zu gängigen Cyberbedrohungen findest du ebenfalls auf der Website des Nationalen Zentrums für Cybersicherheit (NCSC) oder der Kantonspolizei Bern.
Um sich vor ’shāzhūpán‘ und ähnlichen Betrugsmethoden zu schützen, empfiehlt es sich, keine finanziellen Transaktionen aufgrund spontaner Kontaktaufnahmen über soziale Medien oder unbekannte Plattformen durchzuführen. Verifiziere stets die Identität und die Glaubwürdigkeit der Personen, mit denen du online interagierst, und nutze sichere Zahlungsmethoden wie PayPal, die zusätzlichen Schutz bieten.