Eine probate Faustregel, wenn es um das persönliche Engagement auf sozialen Medien geht, ist: teile nichts, was du nicht am nächsten Morgen als Schlagzeile lesen möchtest. Für die, die sich auf Jobsuche befinden hat das sogar noch mehr Gewicht.
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Partyfotos – lieber nicht!
Das versteht sich von selbst. Wer dennoch nicht darauf verzichten möchte, sollte unbedingt die erweiterten Einstellungen zur Privatsphäre benutzen. Wessen Ruf im Netzt nicht besonders vorteilhaft aussieht, für den gibt es mehrere Möglichkeiten, diesen zu verbessern.
Die Mühselige ist, die Einstellungen für alle unvorteilhaften Suchergebnisse, die unter dem eigenen Namen erscheinen, auf privat zu setzen, sie zu löschen, oder die Löschung zu beauftragen. Wer einen häufigen Namen hat, fügt dem seinen gegebenenfalls ein Initial hinzu, um nicht die Fehltritte der Namensvettern auf das eigene Konto verbucht zu bekommen.
Die Drastische ist, alle problematischen online-Mitgliedschaften zu beenden. Die neu dazugewonnene Zeit, die das Tabula-rasa-Prinzip mit sich bringt, sollte gleich wieder darein investiert werden, neue, qualitativ hochwertige Inhalte aufzubauen.
Zugegeben, das grösste Unheil ist zwar abgewendet, doch das WWW verfügt bekanntlich über ein Gedächtnis, das das eines Elefanten in den Schatten stellt. Die tickenden sozialen Zeitbomben können durch positives Engagement weiter entschärft und ausgemerzt werden.
Warum nun der ganze Aufwand?
Potentielle Arbeitgeber sehen sich natürlich die Profile von Jobbewerbern an. Ein desaströses Auftreten in sozialen Netzwerken ist zweifelsohne ein Karrierekiller und Ausschlusskriterium.
Badeanzug als Stein des Anstosses
Gelegentlich verlangen HR-Beauftragte sogar die Nennung der sozialen Mitgliedschaften oder setzen diese sogar voraus. Was nun, wenn das persönliche Auftreten zwar einwandfrei ist, aber dennoch Grund zur Beanstandung gibt?
So geschehen Anfang Oktober 2019. Emily Clow bewarb sich bei einer Firma, die sich in der Selbstbeschreibung als rebellisch und freiheitsliebend bezeichnet und nach Gleichgesinnten Ausschau hält. Der unorthodoxe Name des rebellischen Haufens: Kickass Masterminds. Eine Übersetzung als «Saugeile Superhirne» wird der Wortwahl des Originals nur beschränkt gerecht.
Die Firma mit Sitz in Texas forderte explizit Clows Facebook oder Instagram Benutzernamen. Im Gegenzug sollte Clow selbst der Firma auf Instagram folgen, nur um wenig später folgende erschreckende Entdeckung zu machen:
Die HR-Beauftragte der Firma postete ein Foto von Clows Instagram-Konto sinngemäss mit folgenden Worten:
«Wenn Inhalte wie dieser auf deinen sozialen Medien zu finden sind, solltest du sie besser nicht mit einem potentiellen Arbeitgeber teilen.»
Was war zu sehen? Ein Foto von Emily Clow im Badeanzug in einem Schwimmbad.
Als weiterer Ratschlag folgte: «Stelle nur weiter private Inhalte ins Netz, aber das wird dich bei der Suche nach einem seriösen Job nicht weit bringen.»
Das wohlgemerkt von einer Firma, die sich selbst als radikal bezeichnet und deren Angestellte selbst Fotos von sich in Badebekleidung teilen, in ihren Online-Beiträgen Schimpfwörter verwenden und sich mit anstössigen Gesten brüsten.
Der Shitstorm, der darauf folgte und die Firma veranlasste, die meisten eigenen sozialen Medien-Kanäle zu schliessen, liess nicht lange auf sich warten. Zugegeben, auf Clows Instagram-Profil befinden sich tatsächlich einige Fotos in Badeanzügen. Alle jedoch weder anstössig noch im Kontext unpassend, und nichts, was für Aufregung sorgen würde, wenn es unter einer Schlagzeile erscheinen würde. Clow selbst hat mittlerweile von anderen Firmen Jobangebote bekommen, wohingegen Kickass Masterminds vermutlich kurz vor der Geschäftsaufgabe stehen.
Dieser Schuss ging definitiv nach hinten los!
Versuch eines Resümees
Was wir aus dieser Begebenheit lernen können ist, dass selbst ein harmloses Profil auf sozialen Medien kritisch bewertet werden kann. Wird statt gesundem Menschenverstand Machine-Learning zum Entscheidungsprozess hinzugezogen, kann das zusätzlich die Fehlerquote erheblich vervielfachen. Schlussendlich ist nicht mehr nachvollziehbar, was in der Blackbox der schlauen Maschine vor sich geht, die selbst harmlose Inhalte kritisch bewerten kann – was an einem Selbstversuch überprüft wurde.
Wer weitgehend auf Nummer sicher gehen möchte, verzichtet am besten ganz auf die Darstellung von jedweder Freizeitaktivität, die in irgendeiner Weise fehlinterpretiert werden könnte, oder vollzieht eine strikte Trennung von Beruflichem und Privatem.