Im Zuge der Digitalisierung werden die Berge von Papier drastisch reduziert. Das freut die Umwelt. So reduzieren E-Mail-Nachrichten den physischen Schriftverkehr und sparen damit Ressourcen bei der Herstellung von Papier, Pigmenten in Form von Toner oder Tinte und im Versand ein. Doch auch der Versand von E-Mails erzeugt CO2. Wie gross ist der CO2-Ausstoss einer E-Mail? Welche Aspekte des E-Mail-Versands verbrauchen die meiste Energie, und welche Massnahmen tragen zur Reduzierung der Umweltbelastung bei?
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Eine Tasse Kaffee – Versuch, den CO2-Verbrauch einer E-Mail zu messen
Die CO2-Emissionen, die durch das Versenden von E-Mails verursacht werden, hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. der Grösse der E-Mail, dem Server, auf dem die E-Mail gespeichert wird, dem Transportweg der E-Mail, dem Netzwerk, aus dem verschickt wird und der Anzahl der Empfänger. Schätzungen zufolge beträgt der CO2-Ausstoss eines durchschnittlichen Schriftwechsels per E-Mail ungefähr 4 Gramm CO2. Dies entspricht etwa der Menge, die bei der Herstellung einer Tasse Kaffee freigesetzt wird.
Je grösser der Anhang und die Anzahl der Empfänger, desto grösser ist auch der CO2-Fussabdruck. Zwar sind E-Mails nur mit einem verschwindend geringen Anteil von 0,2 Prozent am CO2-Fussabdruck der digitalen Branche beteiligt. Doch ein Freibrief zum hemmungslosen «Mailen» sollte das dennoch nicht sein.
Der CO2-Fussabdruck einer E-Mail – die üblichen Verdächtigen sind es nicht!
Der offensichtliche Hauptverdächtige für den Grossteil des CO2-Ausstosses, die Spam-Mail: Sie ist es nicht! Ausgefeilte Spamfilter, die den Grossteil der Spam-Flut direkt in den Junk befördern und automatisch löschen, begrenzen den Ausstoss der CO2-Äquivalente (die Summe des gesamten klimaschädlichen Ausstosses, der sich nicht allein auf CO2 beschränkt) auf gerade einmal 0,3 Gramm pro Nachricht.
Die Rechenzentren der Dienstleister, die den Schriftverkehr über E-Mails erst ermöglichen, die Nachrichten speichern, sichern und uns das Kuratieren erlauben, wären die nächsten Verantwortlichen für die CO2-Bilanz des elektronischen Schriftwechsels. Zwar benötigt der Versand und insbesondere das Speichern der unzähligen Nachrichten Strom, wodurch CO2 entsteht. Doch was früher dafür verantwortlich war, dass eine E-Mail so viel CO2 wie mehrere Kannen Kaffee erzeugte – um beim Vergleich zu bleiben –, hat sich drastisch geändert. Nachdem die Grossen der Branche (Google und Co) weitgehend auf erneuerbare Energien umgestellt haben und auch viele kleinere Unternehmen diesen Schritt vollziehen, entfallen auf Spam und Rechenzentren zusammen nur noch 10 Prozent der negativen Umwelteinflüsse.
Die verbleibenden 90 Prozent verursachen die Endgeräte jedes oder jeder Einzelnen, auf denen die E-Mails erstellt und von denen sie verschickt werden.
Ein Beispiel: Eine E-Mail, mit einem 1 MB grossen Anhang von einem Smartphone über das Mobilfunknetz verschickt, verursacht keine 0,6 Gramm CO2, wohingegen dieselbe E-Mail von einem Computer verschickt mit 3,3 Gramm zu Buche schlägt. Das ist mehr als fünfmal so viel. Viel entscheidender für die CO2-Bilanz ist der Energiehunger des Geräts, auf dem eine E-Mail verfasst, verschickt und letztlich auch empfangen wird. Dann erst folgen die Grösse des Anhangs und die Adressen der Empfängerinnen und Empfänger als Multiplikator.
Diese Nachricht zerstört sich selbst
Was bei Messengers mittlerweile gang und gäbe ist – Nachrichten, die sich nach einer Ablaufzeit selbst löschen (Vorreiter war hier Snapchat) –, soll sich in Zukunft auch bei der E-Mail etablieren.
Hier liegt die Verantwortung, aber auch die Kontrolle bei der Person, welche die Nachricht verschickt. Ein vorher eingegebenes Ablaufdatum bestimmt die Lebensdauer der verschickten E-Mail. Diese Selbstzerstörungsfunktion ermöglicht dem Absender, die Kontrolle über sein geistiges Eigentum zu behalten, und durch eine kürzere Datenhaltung sinkt der CO2-Ausstoss. Bestrebungen, E-Mails eine begrenzte Haltbarkeit mit auf den Weg zu geben, existieren schon seit den Nullerjahren. Jedoch hat sich noch keine Lösung durchsetzen können, da es unter anderem das Geschäftsmodell der Dienstleistenden – mehr Speicherbedarf bedeutet höhere Abogebühren – untergräbt.
Kleinvieh macht Mist
Ungeachtet dessen, dass der Anteil einer E-Mail am CO2-Ausstoss, den die IT verursacht, sehr gering ist, lässt sich auch hier CO2 reduzieren. Eine Verringerung der Anzahl E-Mail-Nachrichten ist auch aus produktiver Hinsicht eine erstrebenswerte Angelegenheit.
Viele E-Mails, die keinen relevanten Inhalt mehr bieten, Emojis oder der Abschluss einer Konversation können unterbleiben. Es ist selbstverständlich zu überlegen, ob aus Gründen der Höflichkeit auch tatsächlich darauf verzichtet wird.
Oft ist hier jedoch ein kurzes Telefonat viel höflicher und bei nur ca. 0,2 Gramm CO2 pro Minute unschlagbar «günstig». Das Gleiche gilt auch für Messenger-Nachrichten, die ebenfalls mit ca. 0,2 Gramm CO2 pro Nachricht auf die Bilanz «drücken».
Ebenso existieren einige wenige Anbieter oder Apps, die es bereits jetzt ermöglichen, automatisch aufzuräumen – zumindest im eigenen Postfach –, indem sie Einstellungsmöglichkeiten bieten, um die wichtigen Nachrichten von den unwichtigen zu trennen. Das verschafft zusätzlich eine wohltuende Ordnung in den Postfächern.
Vorlagen für häufig benötigte Nachrichten reduzieren die Zeit für deren Erstellung und dadurch den Stromverbrauch wie auch das produzierte CO2. Verschicken sie letztlich Ihre Nachrichten nur an die Adressen, die tatsächlich relevant sind und halten Sie die Anhänge klein oder bieten Sie einen Download per Cloud an.
Statt in einer Konversation fortwährend Nachrichten hin- und her zu schicken, bietet sich der Umstieg auf geeignetere Kommunikationskanäle wie Chats, Telefonate oder Videocalls (ab ca. 0,2 Gramm CO2 pro Minute – je nach Anzahl der Teilnehmenden und eingesetzter Technik jedoch um ein Vielfaches höher) an, die die Kommunikation via E-Mail sinnvoll ergänzen und entlasten.